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Gleichzeitig mit der Erhöhung des Petroleumzolles im Jahre 1882
wurde auch ein Zoll von 2 Gulden Gold für Rohöl eingeführt. Dies
brachte die Raffinerien darauf, sogenanntes Kunstöl eiuzuführen, d, h.
Petroleum vornehmlich russischer Provenienz, das durch Zusätze von
Teer und anderen leicht brennbaren Stoffen derart verändert war,
daß es „in gewöhnlichen Lampen nur unvollkommen brannte“ und
das Aussehen und spezifische Gewicht gewöhnlichen Rohöls zeigte.
Während aber letzteres 40 bis 45 % Petroleumausbeute liefert, er
gab das Kunstöl 85 bis 90 % und wurde auf diese Weise der Roh
ölzoll größtenteils illusorisch gemacht. Dieser Import von Kunstöl
fand erst Ende der Neunzigerjahre durch das Ansteigen der galizischen
Produktion, die Verteuerung des ausländischen Petroleums und die
Neuregelung der Zoll Verhältnisse im Jahre 1899 ein Ende, bei welcher
der Rohölzoll von 2 Gulden auf K 7 erhöht, der Zollsatz für Raffinade
unverändert belassen wurde. Der bisherige Begünstigungszoll von
68 Kreuzern für rumänisches Rohöl wurde bei einem jährlichen
Maximalimporte von 200.000 q auf K 1'62 erhöht; durch diese be
günstigte Einfuhr wurde die Rohölversorgung der siebenbürgischen
Raffinerien gesichert.
Auch die örtliche Verteilung der Raffinerien zeigt, daß für die
Bestimmung des Standortes nicht ausschließlich das Rohölvorkommen
ausschlaggebend war. Die Näphthagewinnung in der Monarchie be
schränkt sich im wesentlichen auf Galizien. Trotzdem befanden sich
in der Betriebsperiode 1911/12 von 75 österreichischen Raffinerien
mit einer Gesamtproduktion von 1,879.499 q versteuertem Petroleum
und einem Exporte von 3,848.653 q Petroleum nur 56 Raffinerien
mit einer Produktion von 1,058.224 q und einem Exporte von
2,188.749 q in Galizien, wobei den außergalizischen Raffinerien die
31 ungarischen Raffinerien mit einer Produktion von 1,114.000 q
beizuzählen wären.
Was nun die Entwicklung der Kartellorganisationen in der
Petroleumraffinationsindustrie anlangt, so bildete das erste Kartell
der am 1. Mai 1893 ins Leben getretene Verband österreichisch
ungarischer Naphtha-Raffinerien, der den inlandsabsatz auf Grund
der Steuerergebnisse der letzten Jahre kontingentierte, jeder Raffinerie
eine bestimmte Quote dieses Kontingentes zuteilte und die Höhe der
Verkaufspreise bestimmte. Das Kartell war ein Kontingentierungs
und Preiskartell. Seine Dauer war zunächst für 2 Jahre vorgesehen.
1895 wurde es auf eine neue Basis gestellt und dauerte bis Mai 1896.
Inzwischen waren durch die Steigerung der galizischen Pro
duktion die Produktionsverhältnisse beträchtlich verändert worden.
Von dem Gesamtbedarf der Monarchie per 1896 von rund 2,100.000 q
Petroleum wurden rund 1,600.000 q aus galizischem Rohöl gewonnen.
Während die südlich gelegenen Raffinerien noch importiertes aus
ländisches Kunstöl verarbeiteten, gelangte in den nördlichen Raffinerien
bereits ausschließlich galizisches Rohöl zur Verwendung. Die über
den Bedarf vergrößerte Kapazität der Raffinerien führte die nördlichen