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die Banken von der Beteiligung' ab. Eine Ausnahme hievon bildeten
die im Jahre 1903 von der Creditanstalt gegründete Petrolea, ferner
kleinere Beteiligungen der Prager Kreditbank und anderer Banken,
endlich die wenigen mit Banken in Verbindung stehenden Raffinerien,
die schon damals selbst Rohöl produzierten. Ganz vereinzelt
finden wir schon in' früher Zeit ausländisches Kapital, so die später
von der Galizischen Karpathen-Petroleum-Aktiengesellschaft über
nommene Firma Bergheim & Mac Garvey oder die späterhin an die
Galicia übergegangene The Anglo Galician Oil Company Limited.
Erst als zu Anfang dieses Jahrhunderts der Kampf zwischen
russischen und amerikanischen Produzenten auf dem Weltmarkt
schärfere Formen annahm, deutsches und englisches Kapital in der
rumänischen Petroleumindustrie festen Fuß gefaßt hatte und sich
nunmehr die rumänischen, russischen und holländischen Produzenten
zum gemeinsamen Kampf gegen die Amerikaner Zusammenschlüssen,
begann das ausländische Kapital sich auch für die österreichische
Petroleumindustrie zu interessieren, wozu die stets steigenden Pro
duktionserträge, besonders aber der Aufschwung von Boryslaw und
späterhin Tustanowice ermunterten, ln erster Linie kam diese Be
teiligung ausländischen Kapitals der Rohölindustrie, nur in wenigen
Fällen auch Raffinerien zugute. Indes war dieses Einströmen fremder
Kapitalien nicht ein plötzliches auf Grund finanzieller Transaktionen,
sondern zunächst ein ganz langsames. So hatten die kommerziellen
Beziehungen, die zwischen Galizien und dem Deutschen Reiche be
standen, der Erdwachs-, Hopfem, Holz- und Viehhandel und der
bedeutende Export landwirtschaftlicher Produkte aus Galizien nach
Deutschland viele Brutto- und Nettoanteile galizischer Gruben nach
Deutschland wandern lassen, die dank ihrer geringen Größe bereit
willig Aufnahme fanden. Für das Jahr 1907 berechnet Dr. Paul
Schwarz den Anteil des deutschen Kapitals an der galizischen Erd
ölindustrie auf mindestens 30 Millionen Mark, wovon kaum 5 Millionen
Mark auf große Beteiligungen, alles übrige auf kleine Anteile ent
fällt. Die Bedeutung der deutschen Engagements an der galizischen
Erdölindustrie zeigt auch die im Jahre 1908 in Berlin erfolgte
Gründung des Verbandes deutseh-galiziseher Erdölinteressenten.
In den Jahren der Überproduktion, vor allem 1907 und 1908,
waren die Veränderungen in der Zusammensetzung der an der gali
zischen Erdölindustrie beteiligten Kapitalien keine wesentlichen.
Wiewohl der mit der ungeahnten Produktionszunahme von Tustano
wice Hand in Hand gehende Tiefstand der Preise eine entsprechende
Verzinsung der investierten Kapitalien nicht ermöglichte, wurde doch
durch die starke Entwicklung dev Produktion die Aufmerksamkeit
des internationalen, vor allem des englischen Kapitals auf die gali-
zische Erdölindustrie gelenkt und deren Zukunft günstig beurteilt.
So brachte das Jahr 1910 ein starkes Einströmen englischer Kapi
talien nach Galizien, sehr zum Vorteil der durch die lange Krise
stark erschütterten heimischen Produktion und zahlreiche englische