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Eine weitere Schwierigkeit lag in der Festsetzung des Ver
kaufspreises. Man wollte den in der Gesellschaft investierten Kapi
talien eine angemessene Verzinsung sichern, ohne die Verkaufspreise
zu erhöhen. Zu diesem Zwecke wurde eine Preisskala vorgeschlagen,
die hei einem Literpreis von 20 Pf. der Gesellschaft einen Verdienst
von V, Pf. gewährt, was einer 5%igen Verzinsung des investierten
Kapitals entspricht. Bei niedrigeren Petroleumpreisen sollte der
Gewinn der Gesellschaft in geometrischer Progression bis nahezu
6y» Pf. per Liter steigen, bei höheren Petroleumpreisen dement
sprechend sinken. Auf diese Weise bleibt die Gesellschaft an der
Festsetzung möglichst niedriger Verkaufspreise interessiert und können
direkte staatliche Eingriffe in die Finanzpolitik der Gesellschaft ver
mieden werden. Eine 5%ige Dividende darf die Gesellschaif auf
jeden Fall erzielen. Der Gewinnanteil des Reiches, der erst bei einem
Verkaufspreis von 20 Pf. und darunter vorgesehen ist, beläuft sich
auf das Vierfache des Gesellschaftsgewinnes. Ein Preisausgleichungs
fonds, der aus den 5 % übersteigenden Gewinnen dotiert werden
soll, dient dazu, den Aktionären auch in ungünstigen Jahren eine
4’A%ige Verzinsung zu sichern und weiterhin die Preise zu ver
billigen.
Gegen den Entwurf nahmen naturgemäß in erster Linie die
durch ihn schwer bedrohten deutschen Tochtergesellschaften der
Standard Oil Co. Stellung. Verschiedene Broschüren, Zeitungspole
miken, zur Unterschrift unter den Detaillisten aufgelegte Protestbogen
dienten diesem Zwecke. Die Stellung der deutschen Großbanken zum
Monopolsprojekt war wegen ihrer vielfachen Beziehungen zur rumä
nischen, russischen und österreichischen Naphthaindustrie eine über
wiegend günstige. Konnten sie doch auf eine dauernde Sicherung
der rumänischen, russischen und österreichischen Petroleumeinfuhr
nach Deutschland rechnen und gewährleistete ihnen der Gesetzent
wurf eine vorteilhafte Übernahme der bestehenden Anlagen durch
die neue Gesellschaft. Lediglich der Konzern der Deutschen Erdöl-
A.-G., bzw. die hinter demselben stehende Diskonto-Gesellschaft
nahmen gegen den Entwurf Stellung, da die in den letzten Jahren
ausgebaute Organisation der Dea und das im Jahre 1913 mit der
Standard Oil Co. geschlossene günstige Übereinkommen der Dea auch
ohne das geplante Monopol eine gewinnbringende Beteiligung an der
Versorgung des deutschen Marktes sicherte. Das endgültige Schicksal
der Vorlage, die noch bei Ausbruch des Krieges die Leuchtölkom
mission des Reichstages beschäftigte, kann im gegenwärtigen Zeit
punkt noch nicht vorausgesagt werden. Sind auch die wirtschaft
lichen Gründe der Vorlage einstweilen in den Hintergrund getreten,
zumal durch die Höchstpreisverordnung vom 8. Juli 1915 der Regierung
überaus große Machtvollkommenheit eingeräumt wurde, so kann doch
bald nach dem Kriege die Notwendigkeit, dem Staate neue Ein
nahmsquellen zu erschließen, zum baldigen Wiederaufleben des Pro
jektes, wenn auch in geänderter Form, führen.