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4. Österreichische Monopolsprojekte.
Eine gewisse Monopolstellung der Raffinerien wurde schon durch
die mit Verordnung vom 23. März 1909 vorgeschriebene Konzessions
pflicht des Raffinationsgeweibes und des Vertriebes von Petroleum
mittels Tankwagen geschaffen. Diese Verordnung, die wegen der
dadurch geschaffenen Monopolstellung der bestehenden Raffinerien
und der Gefahr, daß neue Raffinerien nunmehr auf ungarischem
Boden statt in Österreich errichtet würden, bekämpft worden war,
sollte nach der ausdrücklichen Erklärung der Regierung nur eine
provisorische Maßregel bilden, die sofort außer Kraft zu setzen war,
wenn die Verhältnisse in der Petroleumindustrie dies gestatteten.
Zweck der Konzessionspflicht war in erster Linie, zu verhindern, daß
die Position des amerikanischen Trusts durch Neugründungen auf
österreichischem Boden eine weitere Stärkung erfahre.
Gleichzeitig mit dem Erscheinen dieser Verordnung erklärte
die Regierung, Studien über ein Monopol in der Petroleumindustrie
zu pflegen. Offizielle Erklärungen über deren Ergebnis sind nicht
erfolgt. Die vielen vorgeschlagenen Varianten waren im wesentlichen
in folgenden zwei Grundzügen einig: Erstens sollte das gesamte
zutage geförderte Rohöl, auch das jener Produzenten, die über eigene
Raffinerien verfügen, an eine staatliche oder staatlich kontrollierte
Zentralstelle abgeliefert werden, die den Produzenten einen den je
weiligen Produktions- un i Marktverhältnissen entsprechenden Preis
zahlen, eventuell auch die Produzenten an ihrem Gewinn zu be
teiligen gehabt hätte. Zweitens sollte das gesamte Rohöl seitens
dieser Zentrale an die einzelnen Raffinerien nach einem bestimmten
Kontingentierungssehlüssel verteilt werden, wobei die Fragen, ob aueh
der Petroleumexport zu kontingentieren sei und ob die Raffinerien
bloß einen Raffinationslohn beziehen und die Fertigprodukte einer
zentralen Verkaufsstelle abzuliefern hätten oder ihnen der treie
Verkauf ihrer Produkte zu gestatten se_i, in der verschiedensten Weise
beantwortet wurden. Nun waren in Österreich die Verhältnisse für
die Einführung eines Petroleummonopols besonders ungünstig. Gegen
ein Produktionsmonopol aus finanzpolitischen Gründen sprachen die
für die Ablösung der zahlreichen, zum Teil kleinen Unternehmen in
der Rohölproduktion, bzw. Raffination erforderlichen außerordent
lichen Geldmittel. Ein reines Handelsmonopol hätte bei der be
deutenden Rohölproduktion Galiziens eine komplizierte und teure
Überwachung erfordert und sicherte überdies die hohe Steuer von
K 13 per 100 kg Petroleum dem Staate ein jährliches Erträgnis
von über 20 Millionen Kronen, das aueh durch den Reinerti ag eines
Monopols ohne Erhöhung der Verkaufspreise kaum wesentlich zu
übertreffen war, zumal sicherlich kleinere Zwischenhandelsgewinne in
Frage kamen, als in einem Lande, das zur Gänze auf ausländische
• Importe angewiesen ist. Es konnten nur wirtschaftspolitische Gründe
für die Errichtung eines Monopols in Betracht kommen und haben