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vor allem die Rohölproduzenten wiederholt ein solches verlangt. Ein
Transportmonopol durch Monopolisierung der Rohölleitungen und der
außerhalb der Raffinerien befindlichen Reservoirs, auf welche die
Regierung bereits durch die im Jahre 1909 erklärte Konzessions
pflicht für den gewerbsmäßigen Betrieb der. Einlagerung von Erdöl
und von Anlagen zur Leitung von Erdöl Einfluß gewonnen hatte,
konnte dem Zwecke eines Monopols nicht genügen, da keineswegs
sämtliches in Galizien produziertes Rohöl seinen Weg durch die
Röhrenleitungen, die sich im wesentlichen auf das Revier von
Boryslaw und Tustanowiee beschränken, nimmt. Ein Handelsmonopol
aus wirtschaftspolitischen Gründen mußte biiligerweise ebenso die
Interessen der Rohölproduzenten wie die der Raffineure berück
sichtigen. Ersterem Zwecke sollte die Zentralisierung des Rohöl
verkaufes und der dadurch bewirkte Ausschluß der freien Kon
kurrenz, letzterem Zwecke die Kontingentierung des Inlandabsatzes
dienen, die den vollen Zollschutz auszunützen und einen Fonds zu schaffen
erlaubte, um den Überschuß über den inländischen Bedarf zu niedrigen
Preisen im Ausland abzusetzen, eventuell zu Heizzwecken zu ver
werten. Während die Verwirklichung des ersten Teiles dieses Pro
gramms ein Novum in der Geschichte der österreichischen Petroleum-
industrie bedeuten würde, sehen wir den zweiten Teil wiederholt im
Mittelpunkt der seitens der Raffineriekartelle eingeleiteten Aktionen,
nur mit dem Unterschied, daß die durch den freien Willen der
Unternehmer zustandegekommenen und bald wieder aufgehobenen
Maßnahmen nunmehr auf gesetzlichem Wege zwangsweise durch
geführt werden sollten. Jedenfalls basierten beide Punkte des Pro
gramms darauf, durch Ausschaltung der freien Konkurrenz eine
Steigerung der Rohöl-, bzw. Petroleumpreise herbeizuführen und
konnte dies naturgemäß nur auf Kosten des Konsums geschehen.
Wenn auch zur Minderung dieser ungünstigen Wirkung eine Herab
setzung der Petroleumsteuer eventuell bei gleichzeitiger Besteuerung
der übrigen Lichtquellen vorgeschlagen wurde, so bliebe doch auch
dann der Effekt derselbe. Dies war der Hauptgrund, der sich bei
uns der Einführung eines Rohöl-, bzw Petroleummonopols entgegen
stellte. Erst der seit 1909 eingetretene starke Produktionsrückgang
und die damit verbundene Erhöhung der Rohölpreise haben der Dis
kussion über die Einführung eines Petroleummonopols ein Ende
gemacht.
Durch die kaiserliche Verordnung vom 18. August 1JD)
wurde vom Tage ihrer Kundmachung die gesamte Neuproduktion
von Rohöl beschlagnahmt und verfügt, daß jeder Werks
besitzer zur Aufnahme oder Fortsetzung seines ^Betriebes durch
den Staat gezwungen werden kann. Von manchen Seiten wird darin
die Vorbereitung eines künftigen Monopols gesehen. Allein die
Gründe, welche gegenwärtig zu dieser Verordnung führten, vor
allem die Notwendigkeit, den militärischen und zivilen Bedarf an
Benzin und anderen Petroleumprodukten unter allen Umständen zu