Full text: 19. Jahrbuch der K. K. Exportakademie (19)

10 
gefunden haben, Gegenstände von ausnehmender Schönheit und 
feinstem Geschmack vorzufinden. 
Man betrachte sorgfältig die griechischen Funde; man durch- 
wandle Pompei. In einer Soldatenkneipe kann man die zarte 
Wiedergabe eines berühmten griechischen Gemäldes finden! 
Alle dort aufgespeicherten Gegenstände: Ringe, Ampeln, 
Armbänder, Statuen, Gemälde, Mosaiken und sonstige Schmuck- 
gegenstände und Zierate fesseln unsern Blick und erregen unser 
Staunen und unsere Bewunderung. Wir glauben in eine Wunder 
welt eingetreten zu sein. 
Aber Eines fehlt überall, Eines vermissen wir an allen Orten: 
das Praktische, das Nützliche, die Industrie. 
Und in der Tat ist die Geringschätzung des Handels und der 
Industrie einer der hervorstechendsten Gharakterzüge des Alter 
tums; im direkten Gegensatz zur modernen Zeit, die durch das 
Aufblühen des Handels und der Industrie ihren besonderen 
Charakter erhält. 
Erst nachdem mit der Ausbreitung des Christentums die 
Arbeit zu Ehren gebracht, erst nachdem die Kreuzzüge mit dem 
Luxus auch einen früher nirgend gekannten Unternehmungsgeist, 
wachgerufen, erst nachdem allmählich die harten Wuchergesetze 
gemildert, erst nachdem Konsulate zur Überwachung der Handels 
interessen an verschiedenen wichtigen Stellen geschaffen waren, 
nachdem durch die Erfindung des Kompasses die Schiffahrt kühner 
geworden, nachdem Vasco da Gama den Seeweg nach Indien und 
Kolumbus Amerika entdeckt, nachdem im 15. Jahrhundert die 
Buchdruckerkunst, Ende des 17. Jahrhunderts die Dampfmaschine 
und nachdem endlich Fulton Anfang des 19. Jahrhunderts eine 
regelmäßige Dampfsehiffahrt eingerichtet hatte, nahmen Handel 
und Industrie einen ungeahnten Aufschwung. 
Jetzt lag die Welt offen da und dem Mutigen erschlossen 
sich, wie in einer Märchenwelt allerorten die Pforten. Die Ent 
fernungen spielten keine Holle mehr und die Meere hörten auf, 
ein trennendes Element zu bilden. 
Man kann behaupten, daß Länder und Kontinente sich näher 
gerückt sind 
Nach Beendigung dieses Krieges, wenn normale Zeiten zurück- 
gekehrt sein werden, wird der große Weltverkehr die Menschheit 
der verschiedenen Zonen, Rassen und Sprachen wieder und wahr 
scheinlich noch intensivor zusammenführen. Wenn hie und da 
ängstliche oder pessimistische Naturen dauernde Spaltungen oder 
Abschließung wirtschaftlicher Gruppen voraussehen, so scheinen 
sie die Notwendigkeiten des Völkerlebens zu verkennen und die 
menschliche Natur mißzuverstehen. 
Es ist freilich bedauernswert, daß die Linie des Kultur 
fortschritts keineswegs eine schnurgerade ist. Es hat oft genug 
rückläufige Störungen gegeben und es wäre ein ungeahntes Glück 
für die Menschheit, wenn diese Trübung der Weltlage schon eine
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.