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der letzten wäre, oder wenn die noch bevorstehenden Krisen keine
so einschneidenden wären und keine so unermeßliche Ausdehnung
annähmen.
Aber gerade die so tief gehenden Wirkungen sollten uns
lehren, daß derartige Krisen noch immer zu den unabwendbaren
Notwendigkeiten gehören. Wenn wir ernst und gewissenhaft nach-
denken, werden wir gestehen müssen, daß das Leben sowohl der
einzelnen sowie das Leben der Völker schon im Frieden viele
unerquickliche Bilder dem Auge des Beobachters darbietet, und
daß das Zetergeschrei über die an der Moral, dem Fortschritte
und an den heiligsten Gütern der Zivilisation verübte Vergewal
tigung nicht immer aufrichtig ist und oft von jenen am lautesten
erhoben wird, die gerade nicht als die edelsten Vertreter unserer
Zeit gelten können.
Die dunkeln Epochen des Mittelalters, in denen sich die be
deutenden Errungenschaften der Griechen und Römer allmählich
fast verloren, können mit Stillschweigen Übergängen werden.
„ Erst im XIV. Jahrhundert begann es wiederum zu tagen.
Um jene Zeit begann die große Bewegung der Geister zunächst
in Italien ihren Anfang zu nehmen, und von da aus im Laufe
des XV. und XVI. Jahrhunderts fast in alle europäischen Länder
einzudringen.
Durch sie erhielten Künste und Wissenschaften, durch sie
erhielt jede menschliche Tätigkeit neue Impulse und treibende
Kräfte und zweifellos wurde auch der allgemeine Verkehr, der
Handel und die Industrie in staunenerregender Weise gehoben.
Namentlich ist es unsere Pflicht, zweier Männer zu gedenken,
die den Spuren der großen Vertreter der Renaissance folgend,
der Menschheit unschätzbare Dienste geleistet haben, indem sie
die alten, eingeengten und unzeitgemäßen Denkweisen beseitigten.
Diese beiden Wohltäter der Menschheit sind Bacon of Verulam
und Rene Descartes.
Sie sind es, denen es die zivilisierte Welt hauptsächlich ver
dankt, sie von der hemmenden antiken Weltanschauung und den
Fesseln der Scholastik befreit zu haben. Jene beiden sind es, die
sozusagen das Denken verweltlicht haben und, im geraden Gegen
satz zu den Anschauungen der Alten, dem modernen Geist den
Weg geebnet haben.
Francis Bacon griff die alten Philosophen direkt an; er
bekämpft ihre Ansichten und setzt sich ganz besonders mit den
Lehren seines gewaltigen Antipoden Plato auseinander. Er tadelt
dessen philosophische Rücksichtslosigkeiten und ideale Unmensch
lichkeiten aufs heftigste. Der Sinn der Lehre Bacons ist, in kurzen
Worten ausgedrückt, folgender: „Wenn die Wissenschaft den
Menschen nicht nützlich sein, wenn sie ihr Los nicht verbessern
soll, dann ist sie wertloser Plunder.”
Rene Descartes, unstreitig der gi’ößte französische Denker
und einer der edelsten Geister, dessen die Menschheit sich rühmen