Full text: 19. Jahrbuch der K. K. Exportakademie (19)

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der letzten wäre, oder wenn die noch bevorstehenden Krisen keine 
so einschneidenden wären und keine so unermeßliche Ausdehnung 
annähmen. 
Aber gerade die so tief gehenden Wirkungen sollten uns 
lehren, daß derartige Krisen noch immer zu den unabwendbaren 
Notwendigkeiten gehören. Wenn wir ernst und gewissenhaft nach- 
denken, werden wir gestehen müssen, daß das Leben sowohl der 
einzelnen sowie das Leben der Völker schon im Frieden viele 
unerquickliche Bilder dem Auge des Beobachters darbietet, und 
daß das Zetergeschrei über die an der Moral, dem Fortschritte 
und an den heiligsten Gütern der Zivilisation verübte Vergewal 
tigung nicht immer aufrichtig ist und oft von jenen am lautesten 
erhoben wird, die gerade nicht als die edelsten Vertreter unserer 
Zeit gelten können. 
Die dunkeln Epochen des Mittelalters, in denen sich die be 
deutenden Errungenschaften der Griechen und Römer allmählich 
fast verloren, können mit Stillschweigen Übergängen werden. 
„ Erst im XIV. Jahrhundert begann es wiederum zu tagen. 
Um jene Zeit begann die große Bewegung der Geister zunächst 
in Italien ihren Anfang zu nehmen, und von da aus im Laufe 
des XV. und XVI. Jahrhunderts fast in alle europäischen Länder 
einzudringen. 
Durch sie erhielten Künste und Wissenschaften, durch sie 
erhielt jede menschliche Tätigkeit neue Impulse und treibende 
Kräfte und zweifellos wurde auch der allgemeine Verkehr, der 
Handel und die Industrie in staunenerregender Weise gehoben. 
Namentlich ist es unsere Pflicht, zweier Männer zu gedenken, 
die den Spuren der großen Vertreter der Renaissance folgend, 
der Menschheit unschätzbare Dienste geleistet haben, indem sie 
die alten, eingeengten und unzeitgemäßen Denkweisen beseitigten. 
Diese beiden Wohltäter der Menschheit sind Bacon of Verulam 
und Rene Descartes. 
Sie sind es, denen es die zivilisierte Welt hauptsächlich ver 
dankt, sie von der hemmenden antiken Weltanschauung und den 
Fesseln der Scholastik befreit zu haben. Jene beiden sind es, die 
sozusagen das Denken verweltlicht haben und, im geraden Gegen 
satz zu den Anschauungen der Alten, dem modernen Geist den 
Weg geebnet haben. 
Francis Bacon griff die alten Philosophen direkt an; er 
bekämpft ihre Ansichten und setzt sich ganz besonders mit den 
Lehren seines gewaltigen Antipoden Plato auseinander. Er tadelt 
dessen philosophische Rücksichtslosigkeiten und ideale Unmensch 
lichkeiten aufs heftigste. Der Sinn der Lehre Bacons ist, in kurzen 
Worten ausgedrückt, folgender: „Wenn die Wissenschaft den 
Menschen nicht nützlich sein, wenn sie ihr Los nicht verbessern 
soll, dann ist sie wertloser Plunder.” 
Rene Descartes, unstreitig der gi’ößte französische Denker 
und einer der edelsten Geister, dessen die Menschheit sich rühmen
	        
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