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darf, war so vielseitig, daß die bloße Aufzählung seiner bahn
brechenden Entdeckungen ein gutes Gedächtnis erfordert.
So ist Descartes unter anderem der Begründer der analy
tischen Geometrie; die Methode der unbestimmten Koeffizienten
geht auf ihn zurück; er hat das Tangontenproblem bei Kurven
gelöst; er erkennt zuerst die wahre Bedeutung der negativen
Wurzeln der Gleichungen; er gab eine neue und geistvolle Auf
lösung der Gleichungen vierten Grades; er führt zuerst die Ex
ponenten ein und legt die Grundlage zur Rechnung mit Potenzen;
auf ihn geht die neuerlich wiederum zu Ehren gekommene Äther
theorie zurück; er ist es, der als erster die Gesetze der Licht
brechung aufgestellt hat; er kannte die Schwere der Luft, als der
von ihm inspirierte Pascal noch ein Kind, und Galilei den horror
vacui noch als ein Dogma ansah; er kannte die Zirkulation des
Blutes unabhängig von Harvey ; ihm waren die Fallgesetze geläufig,
bevor er mit den tiefen Untersuchungen Galileis vertraut wurde;
auch auf dem Gebiete der Physiologie hat er manches Bemerkens
werte geleistet; auf das Studium der Anthropologie hat er be
fruchtend eingewirkt; mit astronomischen Studien hat er sich eifrig
befaßt; bekanntlich hat er auch das erste wahrhaft klassische Werk
in französischer Sprache gesclmeben (Discours sur la methodepour
bien conduire la raison et chercher la verite dans les Sciences).
Nicht ohne Grund -nennt man ihn den Schöpfer der neuen
Philosophie und den Begründer der modernen Physik. Kein
Wunder, wenn ein solcher Geist eine ungeahnte Bewegung her
vorrief, wenn er fast alle denkenden Wesen aufrüttelte und alle
alten, untauglichen und verjährten Grundsätze über den Haufen warf.
Bacons Denken und Wirken ist greifbar, allen zugänglich,
und springt jedem in die Augen; Cartesius dagegen wirkt latent,
aber um so nachhaltiger. Er braucht die Vermittlung vornehmer
Geistex-, um io die breiteren Schichten einzudringen.
Nach Bacon und Descartes war es mit der unantastbaren
Autorität des Aristoteles vorbei, die verjährten Hemmungen des
menschlichen Geistes waren weggeräumt: die reiche Saat, die von
diesen beiden Männern ausgestreut wurde, fand fruchtbaren Boden
und zum großen Teil waren es ihre Ideen, die die Morgenröte
des Weltverkehrs verkündeten.
Anfangs, in der ersten Entwicklung des noch beschränkten
Völkerverkehrs haben die Sprachen noch keine wichtige Rolle
gespielt. Es war die goldene Zeit der Dolmetsche, die den Be
dürfnissen zu genügen schienen. Gegen das Ende des 18. Jahr
hunderts nimmt das Sprachstudium in allen seinen Zweigen einen
großen Aufschwung.
Jetzt wird die zielbewußte Ei-lernung der Sprachen durch
die Verhältnisse erheischt.
Die ungeheure Bedeutung der modernen Kultursprachen
wird jedem klar, der sich das Schicksal ganzer Weltteile vergegen
wärtigt. Man kann getrost behaupten, daß außer Asien, wo zweifei-