Full text: 19. Jahrbuch der K. K. Exportakademie (19)

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darf, war so vielseitig, daß die bloße Aufzählung seiner bahn 
brechenden Entdeckungen ein gutes Gedächtnis erfordert. 
So ist Descartes unter anderem der Begründer der analy 
tischen Geometrie; die Methode der unbestimmten Koeffizienten 
geht auf ihn zurück; er hat das Tangontenproblem bei Kurven 
gelöst; er erkennt zuerst die wahre Bedeutung der negativen 
Wurzeln der Gleichungen; er gab eine neue und geistvolle Auf 
lösung der Gleichungen vierten Grades; er führt zuerst die Ex 
ponenten ein und legt die Grundlage zur Rechnung mit Potenzen; 
auf ihn geht die neuerlich wiederum zu Ehren gekommene Äther 
theorie zurück; er ist es, der als erster die Gesetze der Licht 
brechung aufgestellt hat; er kannte die Schwere der Luft, als der 
von ihm inspirierte Pascal noch ein Kind, und Galilei den horror 
vacui noch als ein Dogma ansah; er kannte die Zirkulation des 
Blutes unabhängig von Harvey ; ihm waren die Fallgesetze geläufig, 
bevor er mit den tiefen Untersuchungen Galileis vertraut wurde; 
auch auf dem Gebiete der Physiologie hat er manches Bemerkens 
werte geleistet; auf das Studium der Anthropologie hat er be 
fruchtend eingewirkt; mit astronomischen Studien hat er sich eifrig 
befaßt; bekanntlich hat er auch das erste wahrhaft klassische Werk 
in französischer Sprache gesclmeben (Discours sur la methodepour 
bien conduire la raison et chercher la verite dans les Sciences). 
Nicht ohne Grund -nennt man ihn den Schöpfer der neuen 
Philosophie und den Begründer der modernen Physik. Kein 
Wunder, wenn ein solcher Geist eine ungeahnte Bewegung her 
vorrief, wenn er fast alle denkenden Wesen aufrüttelte und alle 
alten, untauglichen und verjährten Grundsätze über den Haufen warf. 
Bacons Denken und Wirken ist greifbar, allen zugänglich, 
und springt jedem in die Augen; Cartesius dagegen wirkt latent, 
aber um so nachhaltiger. Er braucht die Vermittlung vornehmer 
Geistex-, um io die breiteren Schichten einzudringen. 
Nach Bacon und Descartes war es mit der unantastbaren 
Autorität des Aristoteles vorbei, die verjährten Hemmungen des 
menschlichen Geistes waren weggeräumt: die reiche Saat, die von 
diesen beiden Männern ausgestreut wurde, fand fruchtbaren Boden 
und zum großen Teil waren es ihre Ideen, die die Morgenröte 
des Weltverkehrs verkündeten. 
Anfangs, in der ersten Entwicklung des noch beschränkten 
Völkerverkehrs haben die Sprachen noch keine wichtige Rolle 
gespielt. Es war die goldene Zeit der Dolmetsche, die den Be 
dürfnissen zu genügen schienen. Gegen das Ende des 18. Jahr 
hunderts nimmt das Sprachstudium in allen seinen Zweigen einen 
großen Aufschwung. 
Jetzt wird die zielbewußte Ei-lernung der Sprachen durch 
die Verhältnisse erheischt. 
Die ungeheure Bedeutung der modernen Kultursprachen 
wird jedem klar, der sich das Schicksal ganzer Weltteile vergegen 
wärtigt. Man kann getrost behaupten, daß außer Asien, wo zweifei-
	        
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