Full text: 19. Jahrbuch der K. K. Exportakademie (19)

la 
los Japan und China den Ansturm von Süd und Nord erfolgreich 
abwehren werden, die übrigen Teile der Erde ihrem Schicksal ver 
fallen werden. Sie werden aller Wahrscheinlichkeit nach vollends 
zu Vasallenstaaten der europäischen Mächte und Amerikas herab 
sinken. 
So hat die englische Sprache in Nordamerika mühelos eine 
Unzahl von Indianersprachen in die Einöden verbannt oder ganz 
vernichtet; in Südamerika haben Spanier und Portugiesen ihre 
Sprache zur Herrschaft gebracht. Es ist eine bedeutsame Tatsache, 
daß die Portugiesen noch heute von ihrer ehemaligen Kolonie in 
Südamerika viel größere Vorteile genießen, als durch die Kolonien, 
die noch in ihrem Besitze sind. So stark wirkt Affinität und Sprach 
gemeinschaft. 
Das Anwachsen des Verkehrs und der Handelsbeziehungen 
hat den Vorteil der Sprachkenntnis schon frühzeitig dargelegt. 
Um jedoch das schwierige Erlernen mehrerer Sprachen überflüssig 
zu machen, hat man wiederholt zu einem eigentümlichen Auskunfts 
mittel gegriffen. So haben, um nur die erlesensten Geister zu 
nennen, Giordano Bruno, Leibnitz, Oondorcet und jüngst auch 
Herbert Spencer über die Schaffung einer Universalsprache nach 
gedacht. Im 19. Jahrhundert sollen nicht weniger als 12 Systeme 
aufgetaucht sein und die letzte Errungenschaft auf diesem Gebiete, 
das Esperanto, soll bereits vier Millionen Anhänger besitzen. 
Nichtsdestoweniger muß das Streben, in absehbarer Zeit eine 
allgemeine Verständigungssprache für die ganze Menschheit zu 
schaffen, wie sehr auch die hiebei aufgewandte Geduld und Mühe 
zu bewundern sind, als eine kaum zu lösende Aufgabe angesehen 
werden. 
Wie die Erfahrungen bisher ergeben haben, ist ein der 
artiges Kunstprodukt in der Regel ein Gemisch von verstümmelten 
romanischen und germanischen Elementen. 
Aber was stellen wir uns heute unter einer Universalspraehe 
vor? Soll diese bloß für eine Handvoll Menschen geschaffen sein? 
Wo bleiben die slawischen, die indischen, die sinesischen, wo 
die semito-hamitischen Stämme und Nationen? Sollen diese un 
berücksichtigt bleiben? 
Sollten die Verteidiger der künstlichen Weltsprache einwenden, 
daß sie in dieselbe auch noch einige Elemente der eben genannten 
Sprachen aufnehmen könnten, um sie allen mundgerecht zu machen, 
so würde auch dies nicht viel helfen. Diese künstlich zusammen 
geschweißte Sprache wird stets ein unorganisches, keineswegs leicht 
erlernbares Idiom bleiben, das nur die Schattenseiten mit den 
lebenden Sprachen teilt, keineswegs aber deren Vorteile. Professor 
Ostwald glaubt die Berechtigung zur Bildung einer künstlichen 
Weltsprache damit zu begründen, daß er ausruft: „Die Horde 
tief stehen der Neger bringe es fertig, eine Sprache zu finden und 
die berufenen Vertreter der Zivilisation sollten dies nicht fertig 
bringen?”
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.