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Wenn die Handelstätigkeit sieh heute eines unerwartet regen
Interesses der Öffentlichkeit erfreut, so verdankt sie dieses vor
allem der durch den Weltkrieg geschaffenen wirtschaftlichen Not
lage. Jeder einzelne, der diesen gigantischen Daseinskampf mit
kämpft, betrachtet es ebenso wie der Staat als eine Lebensfrage,
daß die spärlichen Gütermengen auf dem kürzesten und raschesten
Wege und auf die zweckdienlichste Art der Erzeugung abgenommen,
dem Verbraucher zugeführt werden. Hiebei hat sich der Handel
meist als unentbehrliches Bindeglied erwiesen, wurde durch staat
liche Institutionen vielfach bürokratisiert, ja diente solchen in
vereinzelten Fällen als vollkommen gebrauchsfertiger kriegswirt
schaftlicher Apparat. Dahingegen ist durch das Stocken des
freien Spiels der Kräfte Auswüchsen des Handels die Möglichkeit
gegeben, den geschwächten wirtschaftlichen Organismus zu
schädigen und die Frage der ökonomischen Berechtigung des
Handels verlangt im Einzel falle gebieterisch ihre _ Lösung. Daß
diese oft recht schwierig fällt, beweisen die zahlreichen Gerichts^
fälle und die Begriffsbestimmungen der obersten Instanzen.
So gelangte z. B. das deutsche Reichsgericht zur folgenden
Definition des Kettenhandels:
„Kettenhandel im Sinne der Kriegsnotverordnungen ist jedes
Einschieben eines Zwischengliedes in den Verteilungsprozeß einer
Ware, das für die allgemeinen Bedürfnisse der Kriegswirtschaft
unnütz ist und lediglich aus eigenen nichtigen Interessen erfolgt.”
„Auch der (legale) Zwischenhandel ist seinem Wesen nach
ein Einschieben in den Verteilungsprozeß zwischen Erzeuger und
Verbraucher. Er erfüllt aber eine berechtigte wirtschaftliche
Aufgabe, selbst wenn er sich in mehreren Gliedern dazwischen
schiebt, sofern dabei jedes Zwischenglied in dieser Verteilung
eine eigene wirtschaftliche Aufgabe erfüllt. Die Ware wird z. B.
in zweckentsprechender Weise dem Verbraucher zugeführt, wenn
sie vom Erzeuger zum Großhändler als Einfübrer (Importeur
aus dem Auslande), von diesem zum Halbgroßhändler, Platzgroß
händler, Kleinhändler geht.”
Im folgenden soll nun versucht werden, die vom Handel
versehenen wirtschaftlichen Funktionen, die „berechtigten wirt
schaftlichen Aufgaben” einzeln zu erfassen.
Dem Handel fällt die Aufgabe zu, die zwischen Erzeugung
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