Full text: 19. Jahrbuch der K. K. Exportakademie (19)

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Wenn die Handelstätigkeit sieh heute eines unerwartet regen 
Interesses der Öffentlichkeit erfreut, so verdankt sie dieses vor 
allem der durch den Weltkrieg geschaffenen wirtschaftlichen Not 
lage. Jeder einzelne, der diesen gigantischen Daseinskampf mit 
kämpft, betrachtet es ebenso wie der Staat als eine Lebensfrage, 
daß die spärlichen Gütermengen auf dem kürzesten und raschesten 
Wege und auf die zweckdienlichste Art der Erzeugung abgenommen, 
dem Verbraucher zugeführt werden. Hiebei hat sich der Handel 
meist als unentbehrliches Bindeglied erwiesen, wurde durch staat 
liche Institutionen vielfach bürokratisiert, ja diente solchen in 
vereinzelten Fällen als vollkommen gebrauchsfertiger kriegswirt 
schaftlicher Apparat. Dahingegen ist durch das Stocken des 
freien Spiels der Kräfte Auswüchsen des Handels die Möglichkeit 
gegeben, den geschwächten wirtschaftlichen Organismus zu 
schädigen und die Frage der ökonomischen Berechtigung des 
Handels verlangt im Einzel falle gebieterisch ihre _ Lösung. Daß 
diese oft recht schwierig fällt, beweisen die zahlreichen Gerichts^ 
fälle und die Begriffsbestimmungen der obersten Instanzen. 
So gelangte z. B. das deutsche Reichsgericht zur folgenden 
Definition des Kettenhandels: 
„Kettenhandel im Sinne der Kriegsnotverordnungen ist jedes 
Einschieben eines Zwischengliedes in den Verteilungsprozeß einer 
Ware, das für die allgemeinen Bedürfnisse der Kriegswirtschaft 
unnütz ist und lediglich aus eigenen nichtigen Interessen erfolgt.” 
„Auch der (legale) Zwischenhandel ist seinem Wesen nach 
ein Einschieben in den Verteilungsprozeß zwischen Erzeuger und 
Verbraucher. Er erfüllt aber eine berechtigte wirtschaftliche 
Aufgabe, selbst wenn er sich in mehreren Gliedern dazwischen 
schiebt, sofern dabei jedes Zwischenglied in dieser Verteilung 
eine eigene wirtschaftliche Aufgabe erfüllt. Die Ware wird z. B. 
in zweckentsprechender Weise dem Verbraucher zugeführt, wenn 
sie vom Erzeuger zum Großhändler als Einfübrer (Importeur 
aus dem Auslande), von diesem zum Halbgroßhändler, Platzgroß 
händler, Kleinhändler geht.” 
Im folgenden soll nun versucht werden, die vom Handel 
versehenen wirtschaftlichen Funktionen, die „berechtigten wirt 
schaftlichen Aufgaben” einzeln zu erfassen. 
Dem Handel fällt die Aufgabe zu, die zwischen Erzeugung 
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