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besonders des Cifgeschäftes stark an Boden und an den großen
Warenbörsen Nordwesteuropas kommen täglich zahlreiche Ge
schäftsabschlüsse über Waren zustande, die sich in entlegenen
Weltteilen oder auf hoher See befinden. Der überseeische Ab
lader kann allerdings nicht persönlich am modernen Markte, an
der Börse, die Ware absetzen, dies besorgt der durch ihn mittels
Kabel instruierte Verkaufsagent oder Kommissionär an den Im
porteur. Die verbesserten Kommunikationsmittel und die auf
ihnen basierende Verkaufsorganisation hatten eben diesen modernen
Markt geschaffen. Der Umstand, daß die Börse infolge ihrer
Technik und Organisation eine ganz eigenartige Institution ge
worden ist, vermag an ihren Entstehungsursachen und ihrem
eigentlichen Wesen nichts zu ändern.
Schon aus dem Gesagten folgt, daß die Verbesserung der
Verkehrsmittel unter dem Drucke des Wettbewerbes 1 ) auf die
Organisation des privaten Handelsverkehrs revolutionierend
wirkte, sie ausgestaltete und intensivierte.
Nunmehr entwickelte sich der Reisende zu einem unent
behrlichen Faktor der Handelsorganisation; Agenten, Reisende
und Filialen können jetzt dem persönlichen Momente im Handel
erst recht zum Siege verhelfen, denn die Konkurrenz zwingt den
Kaufmann, sich dem Abnehmer möglichst wirksam und oft in
Erinnerung zu bringen. Die moderne kaufmännische Propaganda
dient vornehmlich diesem Zwecke. Aber auch nach der Seite
des Einkaufes hin äußert sich derselbe Drang. Iiinkaufsreisen,
Einkaufsagenten, ja selbst Einkaufskontore werden immer häufiger
in den Dienst der Einkaufsorganisation gestellt. Der Trieb,
rationell einzukaufen, führte aber, gefördert durch die Neuge
staltung des Verkehrs, zur Ausschaltung einzelner Zwischenhände
der Güterzirkulation oder vielmehr zur Angliederung deren
Tätigkeit, da eine glatte Ausschaltung nur selten möglich ist, 2 ).
So haben die Großfilialbetriebe besonders in Artikeln des täg
lichen Bedarfes (Kaffee, Schokolade, in Deutschland auch in Tabak)
die Tätigkeit der Detailhändler, welche die Ware im allgemeinen
an eine räumlich um sie gruppierte Verbraucherschaft verteilen,
mit jener des Grossisten kombiniert und sich vielfach sogar die
Produktion selbst angegliedert. Den gleichen Entwicklungsgang
verfolgen die Warenhäuser, welche überdies durch geschickte
Anlage ihrer Verkaufsräume den Konsumenten zur Teilnahme an
der Überwindung des örtlichen Unterschiedes zwingen 3 ). _ Die
Verbraucher aber suchen sich durch vereinte Kräfte mittels
1) Dr. J. F. Schär: Handelsbetriebslehre. I. C. Der Handelsbetrieb unter
detn Einflüsse der Konkurrenz.
2) Dr. Julius Hirsch: Die Filialbetriebe im Detailhandel, S. 15. Es ist wohl
nicht mehr zweckmäßig von Tendenzen zur Ausschaltung des Handels zu sprechen.
3) Belebte Abteilungen werden in entlegenen Räumen des Kaufhauses
oder oberen Stockwerken untergebraeht, die Treppen derart angelegt, daß der
Besucher stets die dazwischenliegenden Etagen durchqueren muß.