32
Meinung über die zu einem bestimmten künftigen Zeitpunkte
(Termine) herrschenden Marktverhältnisse und verleiht derselben
in einem Preise Ausdruck, der sich für Lieferungen, die zu dem-
gewissen Termine zu erfüllen sind, versteht. Geschäfte, welche
für einen künftigen Zeitpunkt geschlossen werden, nennt man
Lieferungsgeschäfte oder Geschäfte auf spätere Lieferung. Aus
einer Vielheit solcher Transaktionen mit künftiger Erfüllungszeit
entsteht gewissermaßen ein Markt für sich, der Zeitmarkt, im
Gegensätze zum Kassamarkt (Lokomarkt), der die Gesamtheit der
„prompt” zu erfüllenden Geschäfte umfaßt. Die Preise am Zeit
markte, Zeitpreise genannt, weisen den Kassapreisen gegenüber
Differenzen auf, die beim Händler oder überhaupt beim Eigen
tümer der Ware das Bestreben wachrufen, den günstigeren Preis
auszunützen. Besteht in einer Ware für einen künftigen Termin
Mangel, steht also ihr Zeitpreis hoch, während sie am Kassamarkte
billig zu haben ist, so werden die Verkäufer naturgemäß trachten,
sie für den späteren Termin zu veräußern. Der Verstärkung des
Angebotes am Zeitmarkte folgt aber ein .Sinken des Zeitpreises
und damit eine Nivellierung, denn am Kassamarkte wird die Ver
ringerung der Vorräte die entgegengesetzte Wirkung üben. Da
mit versieht aber der Handel eine volkswirtschaftlich und welt
wirtschaftlich bedeutsame Funktion, denn er gleicht Mangel und
Überfluß auch zeitlich aus. Wichtig erscheint dabei, daß dem
Handel sowohl am Loko- wie am Zeitmarkte an der Bereitstellung
der Ware gelegen ist, daher der Ausdruck Effektivmarkt, daß _ er
ein Interesse an möglichst stabilen Preisen hat und die Labilität
der Preise keine von ihm gewünschte oder gar herbeigeführte
Begleiterscheinung ist. — Die durch die zeitliche Ungleichheit
begründeten Preisdifferenzen haben jedoch den Anreiz zu einer
Tätigkeit gegeben, welche sieh deren Ausnützung zum Ziele
setzt und aus ihnen ihren Gewinn zieht. Ihr Ziel ist nicht etwa
die Bereitstellung von Ware für einen späteren Zeitpunkt — denn
die Ware an und für sich ist ihr vollkommen nebensächlich —
sondern vielmehr die Ausnutzung einer möglichst weiten Preis-
spannung zwischen Ein- und Verkauf, die Erzielung von Diffe
renzen, welche lebhafte Preisschwankungen voraussetzt, weshalb
sie selbst ein Interesse, dieselben gegebenenfalls hervorzurufen,
haben muß. Diese Tätigkeit ist die Spekulation x ). Sie vermag
sich dort kräftig zu entwickeln, wo ihr die vertretbare Natur
eines Massengutes und eigens geschaffene Einrichtungen die not
wendigen Voraussetzungen bieten. Die Einrichtungen bestehen
vor allem in einheitlichen, die Übertragung von Übernahms- und
Lieferungsverpflichtungen ermöglichenden Geschäftsbedingungen
») R. Elber9tadt. Die Spekulation, ihr Begriff und Wesen. Jabrb. f. Ge
setzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft dos Deutschen Reiches. 29. Jahrg.
Eiberstadt nennt sie die reine Spekulation: Eine besondere Geschäftstätigkeit
hat sich ausgebildet, die losgelöst ist von der materiellen Verwendung der
Wirtschaftsgiiter und der die Spekulation Selbstgewerk ist.