Full text: 19. Jahrbuch der K. K. Exportakademie (19)

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Meinung über die zu einem bestimmten künftigen Zeitpunkte 
(Termine) herrschenden Marktverhältnisse und verleiht derselben 
in einem Preise Ausdruck, der sich für Lieferungen, die zu dem- 
gewissen Termine zu erfüllen sind, versteht. Geschäfte, welche 
für einen künftigen Zeitpunkt geschlossen werden, nennt man 
Lieferungsgeschäfte oder Geschäfte auf spätere Lieferung. Aus 
einer Vielheit solcher Transaktionen mit künftiger Erfüllungszeit 
entsteht gewissermaßen ein Markt für sich, der Zeitmarkt, im 
Gegensätze zum Kassamarkt (Lokomarkt), der die Gesamtheit der 
„prompt” zu erfüllenden Geschäfte umfaßt. Die Preise am Zeit 
markte, Zeitpreise genannt, weisen den Kassapreisen gegenüber 
Differenzen auf, die beim Händler oder überhaupt beim Eigen 
tümer der Ware das Bestreben wachrufen, den günstigeren Preis 
auszunützen. Besteht in einer Ware für einen künftigen Termin 
Mangel, steht also ihr Zeitpreis hoch, während sie am Kassamarkte 
billig zu haben ist, so werden die Verkäufer naturgemäß trachten, 
sie für den späteren Termin zu veräußern. Der Verstärkung des 
Angebotes am Zeitmarkte folgt aber ein .Sinken des Zeitpreises 
und damit eine Nivellierung, denn am Kassamarkte wird die Ver 
ringerung der Vorräte die entgegengesetzte Wirkung üben. Da 
mit versieht aber der Handel eine volkswirtschaftlich und welt 
wirtschaftlich bedeutsame Funktion, denn er gleicht Mangel und 
Überfluß auch zeitlich aus. Wichtig erscheint dabei, daß dem 
Handel sowohl am Loko- wie am Zeitmarkte an der Bereitstellung 
der Ware gelegen ist, daher der Ausdruck Effektivmarkt, daß _ er 
ein Interesse an möglichst stabilen Preisen hat und die Labilität 
der Preise keine von ihm gewünschte oder gar herbeigeführte 
Begleiterscheinung ist. — Die durch die zeitliche Ungleichheit 
begründeten Preisdifferenzen haben jedoch den Anreiz zu einer 
Tätigkeit gegeben, welche sieh deren Ausnützung zum Ziele 
setzt und aus ihnen ihren Gewinn zieht. Ihr Ziel ist nicht etwa 
die Bereitstellung von Ware für einen späteren Zeitpunkt — denn 
die Ware an und für sich ist ihr vollkommen nebensächlich — 
sondern vielmehr die Ausnutzung einer möglichst weiten Preis- 
spannung zwischen Ein- und Verkauf, die Erzielung von Diffe 
renzen, welche lebhafte Preisschwankungen voraussetzt, weshalb 
sie selbst ein Interesse, dieselben gegebenenfalls hervorzurufen, 
haben muß. Diese Tätigkeit ist die Spekulation x ). Sie vermag 
sich dort kräftig zu entwickeln, wo ihr die vertretbare Natur 
eines Massengutes und eigens geschaffene Einrichtungen die not 
wendigen Voraussetzungen bieten. Die Einrichtungen bestehen 
vor allem in einheitlichen, die Übertragung von Übernahms- und 
Lieferungsverpflichtungen ermöglichenden Geschäftsbedingungen 
») R. Elber9tadt. Die Spekulation, ihr Begriff und Wesen. Jabrb. f. Ge 
setzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft dos Deutschen Reiches. 29. Jahrg. 
Eiberstadt nennt sie die reine Spekulation: Eine besondere Geschäftstätigkeit 
hat sich ausgebildet, die losgelöst ist von der materiellen Verwendung der 
Wirtschaftsgiiter und der die Spekulation Selbstgewerk ist.
	        
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