Full text: 19. Jahrbuch der K. K. Exportakademie (19)

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Viertels als Gegensatz. Hier billige Dutzendware, dort hoch 
wertiges kunstgewerbliches Erzeugnis. Sogar die auf Massenkonsum 
basierten Warenhäuser lassen deutlich eine Arbeitsteilung nach 
dem Publikum erkennen 1 ), an der allerdings auch soziale Mo 
mente mitgewirkt haben 2 ). 
Fine unmittelbare Erhöhung des Marktwertes vermag der 
Handel durch Qualitätsbezeichnung von Produkten unbekannter 
Erzeuger zu bewirken. So spielt im Exporte gewisser über 
seeischer Waren wie Seide, Tee, Felle, Schellak etc. das Sortiment 
und Klassement der „Abladerfirma” die Grundlage für den 
Distanzverkehr, denn erst die „Marke” des Exporteurs bestimmt 
die völlig ungewisse Qualität der Ware näher. — Beim soge 
nannten Vertrauensgeschäfte gewährt schon das Ansehen und die 
Kulanz des Kaufmannes Schutz gegen das Qualitätsrisiko, welches 
dem unverläßlichen Charakter der Ware entspringt (Malz, Mehl, 
Pferde). —- Da der Verbraucher in der „Marke” eine Bürgschaft 
für die Qualität der Ware erblickt und sie meist tatsächlich 
genießt, nimmt auch der „Markenartikel” unter den Industrie 
produkten einen immer größeren Raum ein (Franck Kaffee, 
Maggi Suppenwürze, „PiXavon”, „Kalodont” etc.). Bei der Vor 
liebe des Konsums für gewisse Marken liegt allerdings die Ver 
suchung zum Mißbrauche durch die Konkurrenz sehr nahe, 
übrigens fällt es oftmals schwer, die Grenze zwischen Gut und 
Böse zu ziehen, da die unbegründete Vorliebe der Verbraucher 
für gewisse Qualitätsmerkmale, etwa eine gewisse Herkunft der 
Ware, häufig zu nicht ganz einwandfreien Praktiken zwingt, wie 
z. B. zur Bezeichnung mit fremdländischen Namen. Auch das 
„Nationalisieren” einer Ware, die Ausfuhr derselben nach einem 
Lande, als dessen Erzeugnis sie dann beim Reimport bezeichnet 
wird, trotzdem keine oder nur unwesentliche Veränderungen 
vorgenommen wurden, ist ja hierauf zurückzuführen 3 ). Das so 
genannte „Neutralisieren” einer Ware wirkt insofern produktiv, 
als durch die vorherige Einfuhr derselben in neutrales Gebiet 
eventuell der Eintritt in das durch Zollkrieg, Boykott oder Kriegs 
zustand verschlossene Absatzgebiet möglich wird. Eine Reihe von 
Gütern wie Weine, Spirituosen, Käse, gewisse Hölzer, Musikinstru 
mente, Kunstgegenstände usw. erfahren durch längeres Lagern eine 
tatsächliche Qualitätsverbesserung, die sich in einer Wertsteigerung 
i) Käthe Lux, S. 55. Selbstverständlich weisen die Sortimente verschie 
dener Warenhäuser weitgehende Abweichungen auf; gab die graphische Igjr- 
Atellung den Preis des teuersten im Jahre 1907 geführten Tafelservices mit 
450 Mk. an, so betrug er in einem Arbeiterwarenhaus nur gegen 40 Mk., um 
in dem im kaufkräftigen Berlin W. gelegenen Luxuswarenhaus bis auf 2500 Mk. 
zu steigen. 
3 ) Siehe nächsten Abschnitt. 
8) Ein Analogon hiezu bilden die an Wallfahrt«-; Kur-, Bade- und 
Fremdenorten feilgehaltenen religiösen und Fremdenartikel, welche durch die 
Örtlichkeit ihrer Feilbietung eine gleichsam imaginäre Qualitätsverbesserung er 
fahren, die jedenfalls in einer entsprechenden Preiserhöhung ihren Ausdruck findet.
	        
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