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Viertels als Gegensatz. Hier billige Dutzendware, dort hoch
wertiges kunstgewerbliches Erzeugnis. Sogar die auf Massenkonsum
basierten Warenhäuser lassen deutlich eine Arbeitsteilung nach
dem Publikum erkennen 1 ), an der allerdings auch soziale Mo
mente mitgewirkt haben 2 ).
Fine unmittelbare Erhöhung des Marktwertes vermag der
Handel durch Qualitätsbezeichnung von Produkten unbekannter
Erzeuger zu bewirken. So spielt im Exporte gewisser über
seeischer Waren wie Seide, Tee, Felle, Schellak etc. das Sortiment
und Klassement der „Abladerfirma” die Grundlage für den
Distanzverkehr, denn erst die „Marke” des Exporteurs bestimmt
die völlig ungewisse Qualität der Ware näher. — Beim soge
nannten Vertrauensgeschäfte gewährt schon das Ansehen und die
Kulanz des Kaufmannes Schutz gegen das Qualitätsrisiko, welches
dem unverläßlichen Charakter der Ware entspringt (Malz, Mehl,
Pferde). —- Da der Verbraucher in der „Marke” eine Bürgschaft
für die Qualität der Ware erblickt und sie meist tatsächlich
genießt, nimmt auch der „Markenartikel” unter den Industrie
produkten einen immer größeren Raum ein (Franck Kaffee,
Maggi Suppenwürze, „PiXavon”, „Kalodont” etc.). Bei der Vor
liebe des Konsums für gewisse Marken liegt allerdings die Ver
suchung zum Mißbrauche durch die Konkurrenz sehr nahe,
übrigens fällt es oftmals schwer, die Grenze zwischen Gut und
Böse zu ziehen, da die unbegründete Vorliebe der Verbraucher
für gewisse Qualitätsmerkmale, etwa eine gewisse Herkunft der
Ware, häufig zu nicht ganz einwandfreien Praktiken zwingt, wie
z. B. zur Bezeichnung mit fremdländischen Namen. Auch das
„Nationalisieren” einer Ware, die Ausfuhr derselben nach einem
Lande, als dessen Erzeugnis sie dann beim Reimport bezeichnet
wird, trotzdem keine oder nur unwesentliche Veränderungen
vorgenommen wurden, ist ja hierauf zurückzuführen 3 ). Das so
genannte „Neutralisieren” einer Ware wirkt insofern produktiv,
als durch die vorherige Einfuhr derselben in neutrales Gebiet
eventuell der Eintritt in das durch Zollkrieg, Boykott oder Kriegs
zustand verschlossene Absatzgebiet möglich wird. Eine Reihe von
Gütern wie Weine, Spirituosen, Käse, gewisse Hölzer, Musikinstru
mente, Kunstgegenstände usw. erfahren durch längeres Lagern eine
tatsächliche Qualitätsverbesserung, die sich in einer Wertsteigerung
i) Käthe Lux, S. 55. Selbstverständlich weisen die Sortimente verschie
dener Warenhäuser weitgehende Abweichungen auf; gab die graphische Igjr-
Atellung den Preis des teuersten im Jahre 1907 geführten Tafelservices mit
450 Mk. an, so betrug er in einem Arbeiterwarenhaus nur gegen 40 Mk., um
in dem im kaufkräftigen Berlin W. gelegenen Luxuswarenhaus bis auf 2500 Mk.
zu steigen.
3 ) Siehe nächsten Abschnitt.
8) Ein Analogon hiezu bilden die an Wallfahrt«-; Kur-, Bade- und
Fremdenorten feilgehaltenen religiösen und Fremdenartikel, welche durch die
Örtlichkeit ihrer Feilbietung eine gleichsam imaginäre Qualitätsverbesserung er
fahren, die jedenfalls in einer entsprechenden Preiserhöhung ihren Ausdruck findet.