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rasse wirtschaftlichen Verkehr anzubahnen. Die Versuchung, ein
Loblied auf den Kaufmann als Kulturträger zu singen, läge hier
sehr nahe. Über allem Zweifel steht jedenfalls die Produktivität
seiner kulturellen Funktion, der Überwindung kultureller Unter
schiede zwischen Erzeuger und Verbraucher. Die Verschieden
heit von Rasse und Religion, Sitte und Gewohnheiten, öffentlicher
Meinung, Recht und Rechtsverhältnissen, Wohlstand und sozialer
Struktur, Politik, Verkehrsvorschriften, der Sprache, des Währungs-,
Maß- und Gewichtssystems im allgemeinen, ihre Rückwirkung auf
den Handel und den Handelsstand im besonderen, erschweren
den direkten Verkehr zwischen Produzenten und Konsumenten.
Der Handel jedoch überwindet durch die Kenntnis der beider
seitigen Kulturverhältnisse, durch Organisation seines Betriebes
wie Technik des Geschäftsverkehrs die dazwischen liegenden
Inkongruenzen.
Zahlreiche Welthandelsbeziehungen sind durch das einigende
Band gleicher Kultur geknüpft, wie etwa Großbritanniens Kolonial
handel oder die Geschäftsverbindungen Bombays mit den afri
kanischen Indern beweisen. Kaufleute, ins Große übertragen,
Handelsstaaten, die nicht in der beneidenswerten Lage eines schon
durch die historische Entwicklung reich bedachten Erben sind,
mußten daher den Mangel an Absatzgebieten, mit denen sie gleiche
Kultur verbindet, durch möglichste Anpassung an Abnehmer
anderer Kultur auszugleichen suchen 1 ). Diese, wenn auch harte
Schule gewährt dann einen Vorsprung vor dem erbgesessenen
Konkurrenten, speziell in Gebieten, wo beide unter gleichen Be
dingungen arbeiten. England hat dies im Wettbewerbe mit Deutsch
land oft genug zu fühlen bekommen.
Als Voraussetzung für die Überwindung kultureller Unterschiede
muß deren Erkenntnis gelten, die sieh der Kaufmann im Wege
persönlicher Anschauung, durch Reisen und Aufenthalt im fremden
Gebiete und mittels Studium erschließen kann. Besonders kauf
männische Unterrichtsanstalten sowie Spezialinstitute 2 ) bieten heute
■dem Wissensdurstigen reiche Bildungsmöglichkeiten, welche durch
Handelsförderung und Auslandsvertretung eine wertvolle Ergänzung
erfahren können. Mit Hilfe dieser so gewonnenen Vorkenntnisse
stellt dann die kaufmännische Organisation des Innenbetriebes wie
der Verbindung mit den in Aussicht genommenen Wirtschafts
gebieten die Brücke über die bestehenden Unterschiede her, auf
■der sich dann mit Hilfe einer den Verhältnissen Rechnung tragen
den Geschäftstechnik der Handelsverkehr entwickelt. Daß diese
i) Dem gleichen Zwecke dient auch die Schaffung wirtschaftlicher Kolo
nien im Auslande, sowie die Gründung nationaler Schulen daselbst.
J ) So bestehen z. B. im Deutschen Reiche: Das Berliner orientalische
Seminar, das Hamburger Kolonialinstitut, das Kieler Institut für Seeverkehr
.und Weltwirtschaft, das Institut zum Studium des romanischen Kulturkreises
in Bonn, in Königsberg und Breslau ein Institut zur Erkenntnis der slawischen
Welt, in Münster ein Institut zum Studium des christlich-orientalischen Kultur
kreises, in Aachen das deutsch-südamerikanisehe Institut.