Full text: 20. Jahrbuch der Exportakademie (20)

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Außer dem Triester Kaffeemarkte und dem Budapester 
Produktenhandel bestanden in der Monarchie keine Terminmärkte. 
An der Prager Börse fanden sich wohl für Rohzucker Termin- 
notierungen mit Erfüllung ab Station Aussig, ab Aussig Landungs 
platz, und fob Hamburg. Auch war die Geschäftstätigkeit irt**diesen 
Zeitgeschäften eine sehr bedeutende, doch fehlte der Prager Börse 
hiefür ein Liquidationsinstitut, das die Kompensierung und 
Differenzabrechnung von entgegengesetzten Geschäften einer Partei 
ermöglicht hätte. Das Geschäft wickelte sich daher durchwegs 
als Effektivgeschäft, wenn auch vielfach mit spekulativem Ein 
schlag ab, dem Effektivhändler war aber nicht die Gelegenheit ge 
boten, sich am Platze selbst gegen Preisschwankungen zu sichern. 
In wirklichen Termingeschäften war daher auch der Prager Zucker 
markt an Hamburg gewiesen. 
An der Triester Borsa commerciale war J 914= die Einführung 
des Zuckerterminhandels in Vorbereitung, die Genehmigung der 
Detailbestimmungen und des Regulativs seitens der Statthalterei 
stand aber noch aus. Der Terminhandel sollte daselbst Segment-, 
Melis-Pile- und Kristallzucker umfassen und gleich dem dortigen 
Kaffeeterminmarkte durch die eigentliche „Liquidationskasse’ 
organisiert werden. Es war jedoch vorgesehen, daß die Übernahme 
und Bezahlung der Ware auch direkt zwischen Verkäufer und 
Übernehmer erfolgen kann. 
An der Börse für landwirtschaftliche Produkte in Wien 
bestand bis zum Jahre 1903 ein Terminhandel in Weizen, Roggen, 
Mais und Hafer, der Wien zum wichtigsten Getreidehandelsplatz 
der Monarchie machte. Wien war nicht nur Effektivmarkt für alle 
österreichischen, sondern auch für die westungarischen Provenienzen. 
Die Terminabwicklung war noch einfacher organisiert, als sie es 
heute in Budapest ist. Eine Aufteilung der gekündigten Waren 
mengen auf die Saldokäufer durch das Sekretariat der Börse er 
folgte nicht; der Verkäufer, welcher andienen wollte, reichte zwar 
seine Kündigung beim Börsesekretariat ein, erhielt aber, von 
diesem den Kündigungsschein ausgefolgt und übergab ihn seinem 
Käufer. Diesem stand es frei, den Schein an seinen Käufer weiter 
zugeben, so daß der Kündigungsschein erst wieder vom tat 
sächlichen Übernehmer an die Börse zurücklief. 
Entsprechend der geringeren Qualität der österreichischen 
Fechsung im allgemeinen waren die Minimalqualitätsgewichte 
niedriger festgesetzt, als es heute in Budapest der Fall ist, 
nämlich für Weizen mit 76 1 /*, für Roggen mit 6 9 1 / 3 , für Hafer mit 
38 J/a % P ro 1 M- 
Eine lebhafte Agitation der agrarischen Kreise, die schon in 
den Neunzigerjahren eingesetzt hatte, führte 1903 zum Verbote 
des Terminhandels an allen landwirtschaftlichen Börsen Öster 
reichs. Es wurde ihm besonders die Tendenz zugeschrieben, die 
Preise dauernd zu ungunsten der Produzenten herunterzudrücken. 
Die weitere Entwicklung hat gezeigt, daß er nicht nur diese Wir-
	        
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