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Die serbische Großindustrie, von der Regierung stark ge
fördert, hat für einen so ausgesprochenen Agrarstaat schon eine
ganz beachtenswerte Entwicklung erlangt. Sie gründet sich natur
gemäß fast ausschließlich auf die Verarbeitung einheimischer
Massenrohstoffe, die der Landwirtschaft, dem Wald und dem
Mineralreich entstammen. Da bot zunächst der große Reichtum
des Landes an Getreide Veranlassung zum Bau von Dampfmühlen,
die natürlich feinere, zur Ausfuhr geeignetere Mehlsorten her-
steilen können, als die vielen alten Kleinmühlen. Man zählte in
Serbien vor dem Kriege 17 Großmühlen, von denen im Kreise
Belgrad-Land zwei sogar mit Rohölmotoren arbeiten. In Belgrad
unterstand eine Mühle, die täglich 10 Waggons Getreide ver
arbeiten kann, der k. u. k. Militärverwaltung Als wir den Betrieb
besichtigten, wurde gerade Mais vermahlen. Da dieser ziemlich
feucht (36% Wassergehalt) angeliefert wurde, mußte er zunächst
durch warme Luft getrocknet werden. Durch mehrmaliges Schroten
dos Maises mittels Walzenstühlen mit darauffolgendem Sichten
werden die ölreichen Maiskeime (Ölgehalt etwa 10%) ausge
schieden, um auf Maisöl verarbeitet zu werden. Dies geschah in
der Belgrader k. u. k. Militärseifenfabrik, wo das öl durch Ex
traktion mit Benzin gewonnen wurde. Der Rückstand dient als
Viehfutter. 10 Waggon Mais geben 100 q Keime und d.ese 9 q
Öl. Dieses kann im raffinierten Zustand entweder direkt als
Speiseöl Verwendung finden oder es wird gehärtet, d. h. durch
Ein wirken lassen von Wasserstoffgas bei einer Temperatur von
etwa 240° und Gegenwart von 2% Nickelpulver in ein festes
Speisefett von weißer Farbe umgowandelt. Das Nickel selbst bleibt
dabei ganz unverändert und geht nicht in das Fett über. Außer
der Gewinnung dos Öles bietet die Entkeimung des Maises, die
sich aber nur in größeren Mühlen durchführen läßt, den großen
Vorteil, daß das Mehl dadurch haltbarer wird. Von sonstigen
Großmühlen waren nur eine in Mladenovac und zwei in
Kragujevac in Betrieb.
Beträchtliche Mengen von Getreide (Gerste und Mais) dienen
der Bier- und Spirituserzeugung. Die serbischen Bierbrauereien,
die teilweise sogar mit Dampfkochung arbeiten, verwenden außer
der inländischen Gerste hauptsächlich Saazer Hopfen und sollen
ein ganz annehmbares Gebräu hergestellt haben, das den steigen
den Verbrauch im Lande vollauf befriedigte. Nur geringe Mengen
von feineren Bieren (Pilsener) wurden eingeführt Zur Zeit der
Besetzung waren auch die nicht beschädigten Brauereien durch
den Rohstoffmangel zum Stillstand gezwungen; nur in Sabae
wurde eine Brauerei militärisch betrieben. Außerdem waren in
Belgrad zwei Spiritusbrennereien in Betrieb, von denen aber die
eine erst durch das k. u. k. Militär-Generalgouvernement ge
schaffen worden war.
Ein weiterer, in großen Mengen vorhandener Rohstoff ist
das Holz. Kleine Sagemühlen waren im Lande zwar schon lange