Full text: 20. Jahrbuch der Exportakademie (20)

78 
ist 1 ). Aber immerhin wird man doch eine Reihe von Industrie 
zweigen namhaft machen können, die in dem rohstoffreichen 
Balkanland günstige Bedingungen vorfinden, während anderseits 
gewisse Fabrikationen, wie z. B. die Teerfarbenerzeugung, von 
Haus aus nicht in Betracht kommen können. 
Als hemmender Umstand für den Wiederaufbau und die 
Weiterentwicklung der serbischen Industrie ist vor allem der 
starke Bevölkerungsrückgang hervorzuheben, den die zwei Balkan 
kriege und der jetzige Krieg verursacht haben. So hatte z. B. der von 
Österreich-Ungarn besetzte Teil Serbiens Ende 1910 (mit Ausnahme 
des Sandschaks-Novipazar) 1,568.000, im Juli 1916 nur l,218.000 Ein 
wohner (mit dem Sandschak 1,870.000), was einem Abgang von 
22% entspricht. Allerdings ist anzunehmen, daß eine so lebens 
kräftige Rasse, wie das serbische Bauernvolk, den Verlust ver 
hältnismäßig bald hereinbringen wird. Ferner ist zu bedenken, 
daß die meisten Staaten nach dem Kriege die geleerten Speicher 
und stark gelichteten Viehbestände wieder werden auffüllen müssen, 
ein Bedürfnis, dessen Dringlichkeit mit der Dauer des Krieges 
wächst, so daß also zunächst Ackerbau und Viehzucht, deren Be 
triebsbedingungen zudem nicht erst geschaffen werden müssen,, 
weitaus einträglicher sein werden als gewerbliche Tätigkeit. Nur 
wird es notwendig sein, durch intensive Wirtschaft dem Boden 
größere Erträge abzugewinnen; die österreichisch - ungarische 
Militärverwaltung kann jedenfalls das Verdienst für sich in An 
spruch nehmen, die serbische Landbevölkerung durch unermüdliche 
Aufklärung, manchmal unvermeidlicherweise vereint mit sanftem 
Zwang, auf den richtigen Weg geleitet zu haben. Der serbische 
Landmann, der die überlegene Leistungsfähigkeit der Maschinen 
gegenüber der Handarbeit kennen gelernt hat, wird sie auch im 
kommenden Frieden mit seiner Leutenot nicht missen wollen und 
danach trachten, sich sobald als möglich landwirtschaftliche Ma 
schinen zu verschaffen. Allerdings wird die Bezahlung anfangs 
Schwiexigkeiten machen, aber anderseits kann man als sicher an 
nehmen, daß die künftige serbische Regierung durch entsprechende 
Staatsbeihilfe die Verbreitung von landwirtschaftlichen Maschinen 
fördern wird, um die Produktionskraft dos Landes möglichst zu 
steigern. Eine geraume Zeit wird wohl vergehen, bis der arg mit 
genommene Viehstand wieder seine frühere Höhe erreichen wird. 
Wenn dann Landwirtschaft und Viehzucht wieder Geld ins Land 
gebracht haben werden, wird Serbien zunächst seine Verkehrswege 
ausgestalten müssen, um seine Rohstoffquellen besser auszunützen 
und Handel und Industrie zu beleben. Wildbäche und Flüsse wären 
zu regulieren, Talsperren anzulegen, um billige elektrische Energie 
zu gewinnen. Denn diese wird, solange es nicht gelingt, größere 
Lager von hochwertiger und womöglich verkokungsfähiger Stem- 
*) Diese Zeilen wurden im Dezember 1917 geschrieben: seither haben ja- 
verschiedene Fragen, wenn aucn nicht alle, eine Klärung erfahren.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.