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österreichisch-ungarische Militärverwaltung keinen Sinn gehabt,
sich damit zu befassen, um so mehr, als schon die anderen Wieder
herstellungsarbeiten, zu denen außer den schon genannten auch
noch der Bahn- und Straßenbau kamen, die höchste Anspannung
aller Kräfte erforderten.
Von den in Serbien bereits einheimischen Großgewerben
haben vor allem die getreideverarbeitenden (Mehl-, Bier- und
Spirituserzeugung) günstige Aussichten zur Weiterentwicklung.
Der Mühlenindustrie kommt vor allem der geringe Arbeiterbedarf
zugute; wenn mau so eine neuzeitliche Großmühle durchwandert,
trifft man in manchen Abteilungen überhaupt keinen Arbeiter an,
weil der Transport des Getreides und der einzelnen Zwischen
erzeugnisse zu und von den Maschinen vollkommen selbsttätig
geschieht. Weniger günstig stellt sich die Sache für die Viehver
wertungsindustrie, weil der Viehbestand erst wieder auf die alte
Höhe gebracht werden muß.
Was nun die Möglichkeit der Entstehung neuer Industrie
zweige in Serbien anlangt, so ist für die meisten die Beschaffung
von billiger Kohle eine Grundbedingung, worüber bereits an
früherer Stelle das Nötige gesagt worden ist. Jedenfalls gibt es
für viele Rohstoffe Serbiens noch industrielle Verwertungs
möglichkeiten, die bisher noch nicht ausgenützt worden sind. Im
nachfolgenden soll, auf dieses Gebiet etwas näher eingegangen
werden, wobei zum*bessoren Verständnis für Leser, die mit der
Technologie weniger vertraut sind, bei jeder Industrie das Wesen
der Erzeugung kurz dargelegt werden soll.
So könnte der reichlich vorhandene Mais außer auf Mehl,
Grieß und Spiritus auch auf Stärke, Dextrin. Stärkezucker, be
ziehungsweise Kapillärsirup und Zuckercouleur verarbeitet werden.
Für die Stärkegewinnung wird der wie in den Mühlen gereinigte
Mais zunächst geschrotet und von den Keimen befreit, aus denen
Maisöl erzeugt wird. Der Schrot wird in Wasser eingeweicht und
hierauf zur Lösung der die einzelnen Stärkekörnchen verkittenden
Eiweißstoffe Schwefeldioxyd eingeleitet. Dann wird die Masse
mittels Mahlgängen oder Kegelmühlen zu einem feinen Brei ver
mahlen. Dieser wird auf Sieben mit Wasser ausgewaschen, wobei
die kleinen Stärkekörnchen als Rohstärkemilch hindurchgehen,
während die gröberen Schalen- und Fasorteilehen Zurückbleiben.
Aus der Rohstärkemilch gewinnt man durch Abschleudern (Zentri
fugieren) die Rohstärke, die mit Wasser gewaschen und getrocknet
die reine Maisstärke ergibt. Die Ausbeute beträgt 55 bis 60"/ 0 .
Die Maisstärke, die an Feinheit zwischen Reis- und Weizenstarke
steht, kommt als weißes Pulver oder als Strahlenstärke in den
Handel und hat sich namentlich als Appreturmittel in d**r Baum-
wollindustrie sehr gut bewährt. Aus der noch feuchten Maisstai ke
läßt sich durch Zusatz einer geringen Menge einer flüchtigen
Mineralsäure, z. B. 0'3°/ o Salzsäure und Erhitzen auf etwa 160
das weiße Säuredextrin herstellen; erhitzt man ohne Sauie-