Full text: 20. Jahrbuch der Exportakademie (20)

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Der Zellstoff dient bekanntlich nicht nur als Rohstoff für mittel 
feine Pap.ersorten, von denen im Kriege das Spinnpapier eine 
besondere Bedeutung erlangt hat, sondern man macht auch auf 
direktem Wege Zellulosegarne, ferner Nitrozellulose und Kunst 
seide. Eine sehr aussichtsreiche Holzverwertung, besonders für 
Buchenholz ist die Holzverkohlung nach dem Destillations 
verfahren. Während bei der alten Meilerverkohlung (S. 59) nur 
Holzkohle und allenfalls noch Teer gewonnen wird, erhält man 
bei der Holzverkohlung in Retorten außerdem Essigsäure und 
Methylalkohol (Holzgeist). Die Retorten, die in verschiedenen 
Größen gebaut werden, sind z. B. 3 m lang bei 1 m Durchmesser, 
sie werden von außen mit einer Kohlen- oder Holzt'euerung auf 
etwa 300° erhitzt. Dadurch tritt ähnlich wie bei der Leuchtgas 
erzeugung eine chemische Zersetzung der Bestandteile des Holzes 
ein, das dabei in Holzkohle umgewandelt wird; Teer, roher Holz 
essig und Holzgas entweichen. Der schwerflüchtige Teer wird 
schon durch den luftgekühlten Teerscheider, der rohe Holzessig 
durch wassergekühlte Röhren verflüssigt, während das Holzgas 
unter den Retorten verbrannt, an Brennstoff sparen hilft. Aus 
100 k<7 vorgetrocknetem Rotbuchenholz mit 20°/ 0 Wassergehalt 
erhält man bei einer ungefähr iSstündigen Destillationsdauer: 
30 kg Holzkohle (gegen 2Q bis 25% bei der Meilerverkohlung) 
40 kg rohen Holzessig (enthaltend l r(3% Säuren und 3*1% Holzgeist) 
6 kg Holzteer 
24 kg Holzgas. 
Zur Heizung sind 10 - 9 ky Steinkohle notwendig. 
Während die Holzkohle und der Holzteer ohneweiters ver 
käuflich sind, stellt der rohe Holzessig noch keine fertige Handels 
ware vor, wenn auch geringe Mengen zum „Schnellräuchern” von 
Fleisch verwendet werden. Er bildet eine rötliche, scharf nach 
Essigsäure und Teer riechende Flüssigkeit, die der Hauptsache 
nach aus Wasser, 10% Essigsäure, 2% Methylalkohol und 0'4% 
Aceton besteht. Der Rohessig wird noch einmal destilliert, wobei 
man die Dämpfe durch heiße Kalkmilch gehen läßt. Diese bindet 
die Essigsäure zu essigsaurem Kalk, während die Metbylalkohol- 
und Acetondämpfe weitergehen und in einem Kühler zu einem 
l0%igen Holzgeist verflüssigt werden. Die aus der Kalkmilch ent 
standene Lösung von essigsaurem Kalk wird zu einer trockenen 
krümeligen Masse von grauer Farbe eingedampft, die als „Grau 
kalk” eine wichtige Handelsware bildet. 1913 führte Deutschland, 
meist aus Amerika, 20.900 t ein. 
Die weitere Verarbeitung des Graukalks, dm* 80 bis 82% 
chemisch reinen essigsauren Kalk enthält, geschieht in den Holz 
essigfabriken und besteht im wesentlichen in einer Zerlegung 
durch Schwefelsäure, die mit dem Kalk Gips bildet, während die 
freie Essigsäure abdestilliert wird. Der erhaltene 75%ige Rohessig 
wird dann durch eigene Rektifizierapparate zum größeren Teil in
	        
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